Das sind sie endlich, die ersten Bilder mit der Mamiya RZ67. 9 lange Tage hat das Entwickeln gedauert, 9 Tage lang spukten mir die folgenden Fragen durch den Kopf: Habe ich richtig fokussiert? Ist nichts verwackelt? War die Belichtungszeit okay? War der Film noch okay? Funktioniert die Kamera überhaupt noch?!?!
Ja, sie funktioniert noch! Bis auf ein Bild war auch keines verwackelt, falsch fokussiert oder falsch belichtet. Die anderen Bilder des Films waren Testbilder (Blenden – Zeitkombinationen). In meinem letzten Beitrag bin ich bereits kurz darauf eingegangen wie wir vorgegangen sind.
Nochmal im Detail:
Marie hat die Belichtung mit unserer Nikon D7100 durch das Nikon 17-55mm F 1:2,8 gemessen. Die Optik der Mamiya ist eine 110mm F 1:2,8 Festbrennweite. Durch das deutlich größere Format der Mamiya ergibt sich ein „umgekehrter“ Cropfaktor, sodass die 110mm etwa 50mm auf Kleinbild entsprechen.
Der verwendete Film war ein Ilford HP-5 Plus, mit einem ISO Wert von 400. Marie hat also den ISO Wert auf 400 eingestellt, die Optik maximal ausgefahren und gemessen. Die so ermittelten Werte habe ich dann 1:1 auf die Mamiya übertragen. Dank des sonnigen Wetters musste ich nicht unter einer 1/125 Sekunde belichten und konnte teilweise etwas abblenden. Die hier gezeigten Bilder sind also mit 1:125 Sekunde oder 1:250 Sekunde und einer Blende von F 1:2,8 – F 1:4, OHNE STATIV belichtet (an all die „geht nicht ohne Stativ“ Nörgler).
Zum fokussieren habe ich mich hingekniet. Die Kamera lehnte dabei auf meinem rechnten Knie, die linke Hand lehnt am Gehäuse, die rechte Hand fokussiert und löst aus. So lässt sich der starke Spiegelschlag bei diesen Belichtungszeiten gut ausbalancieren und man kann in ruhe und bequem das Motiv scharf stellen.
Warum langweile ich euch mit solchen Details?
Ich habe 3 Jahre lang überlegt ob ich mir diese Kamera holen soll. In einschlägigen Foren wird viel über Stativ ja/nein, schwieriges fokussieren und Einstellungen diskutiert, ohne dass genau erklärt und gezeigt wird worüber man eigentlich spricht. Was auch der Grund für meine Unsicherheit und am Ende erleichterung über die gelungenen Bilder war. Ihr seht da oben die Bilder, ihr habt das genaue Vorgehen, die Umstände und die Werte. Ich hoffe das ich damit etwas Licht ins Dunkel bringen kann.
Zum digitalisieren der Bilder habe ich eine improvisierte Durchlichteinheit aufgebaut und mit einem 40mm Macro und der Nikon die Negative abfotografiert. Was bedeutet das die digitalen Bilder nur etwa 1/4 der möglichen erreichbaren Qualität eines Scans haben.
Ein wenig technisches Geplänkel: Was fällt auf?
-Fast quadratisches Format von ca. 6x7cm (im Gegensatz zum 3:2 Format der gängigen Sensoren).
-Trotz der weit geöffneten Blende, große Tiefenschärfe. Was am Format liegt: Umso größer das belichtete Format, umso größer ist die Tiefenschärfe (hier ca. 42 qcm der Mamiya zu ca. 3,66 qcm der Nikon).
-Kaum Beugung, was ebenfalls am größeren Format liegt. Durch die recht kurze ca. 50mm lange Brennweite (auf KB) musste ich sehr nah ran um die Motorräder formatfüllend abzulichten. Trotzdem wird die Beugung, ebenso wie die selektive Schärfe, nur leicht im äußeren Bereich sichtbar.
-Die Bilder wirken sehr „plastisch“. Die untere rechte Ecke und der obere linke Teil vom Lenker des letzten Bildes, machen dies sehr deutlich. Das erklärt sich zum einem durch die selektive Schärfe, die sehr präzise am Lenker abschließt sowie durch den sehr hohen Tonwertumfang.
Einfacher erklärt mit kleinem Exkurs: Ein digitaler Sensor kann nicht s/w fotografieren. Es findet immer eine Umrechnung statt, bei dem den Farbwerten entsprechende Helligkeitswerte zugeordnet werden. Bei dieser Umrechnung geht sehr viel Farbinformation verloren und somit gehen Details verloren und im Äußersten geht Schärfe verloren. Ein analoger s/w Film, wird nicht umgerechnet und liefert so deutlich mehr Schärfe und Zeichnung. Selbst bei den nur digital abfotografierten Negativen wird der Unterschied schon deutlich.
-Ziemlich scharf, auch ohne Stativ. An digitalen Maßstäben gemessen sind die Bilder knackig scharf. Durch den Lichtschachtsucher lässt sich sehr gut fokussieren, das Gewicht der Kamera liegt gut in der Hand. Technisch gesehen liegt das an der sehr guten Verarbeitung der Optik und Kamera sowie am manuellen scharf stellen (was auch digital mehr Schärfe bringt als der AF!!). Natürlich würde ein Stativ vermutlich noch schärfere Ergebnisse ermöglichen. Da diese Schärfe aber erst bei starken Vergrößerungen zur Geltung kommt und mich ein Stativ bei der Arbeit eher behindert als bereichert hätte, war ich ohne unterwegs.
-Viel Rauschen. Das liegt einfach am verwendeten Film, der seit gut 20 Jahren abgelaufen ist. Daher ist er nicht mehr so feinkörnig und vor allem nicht auf dem neusten Stand, was zu relativ großem Korn führt.
Abschließend bin ich sehr zufrieden mit den ersten Bildern und bin froh nicht auf die Nörgler gehört zu haben. Wenn ich jetzt noch darüber nachdenke das der verwendete Film 1996 abgelaufen ist und es sich hier nur um abfotografierte Negative handelt, bin ich sehr gespannt was der erste neue Film und die ersten High-Quality-Scans aus der Kamera rauskitzeln.